Freitag, 18. Oktober 2013
Der bedeutendste und höchst dotierte Preis für den Kurzfilm - der Deutsche Kurzfilmpreis - ist am (heutigen) Donnerstagabend vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien verliehen worden.
Mit dem Kurzfilmpreis in Gold für Spielfilme mit einer Laufzeit bis sieben Minuten wurde der Film "Short Film", Hersteller: Chemnitzer Filmwerkstatt e.V., Ralf Glaser (Chemnitz), ausgezeichnet. Regie: Olaf Held.
Den Kurzfilmpreis in Gold für Spielfilme mit einer Laufzeit von mehr als sieben bis 30 Minuten erhielt der Film "Sunny", eine Koproduktion der Filmakademie Baden-Württemberg mit dem Südwestrundfunk, Arte und dem Bayerischen Rundfunk. Regie führte Barbara Ott.
Der Kurzfilmpreis in Gold für Dokumentarfilme ging an den Film "Reality 2.0", Hersteller: Hochschule für bildende Künste, Hamburg, Regie: Victor Orozco Ramirez.
Den Kurzfilmpreis in Gold für Animationsfilme gewann der Film "SONNTAG 3", Produktion und Regie: Jochen Kuhn, Ludwigsburg.
"FORST", Produktion und Regie: Ulu Braun, Berlin, wurde mit dem Kurzfilmpreis in Gold für den besten Experimentalfilm ausgezeichnet.
Den Sonderpreis für Filme mit einer Laufzeit von mehr als 30 bis 78 Minuten erhielt der Spielfilm "Continuity", Hersteller: Filmgalerie 451 GmbH & Co.KG, Berlin (Regie: Omer Fast). Dieser Preis ist mit einer Prämie von 20.000 Euro verbunden.
Der Deutsche Kurzfilmpreis ist insgesamt mit 275.000 Euro aus dem Haushalt des Kulturstaatsministers dotiert. Für den Preis waren zwölf Filme nominiert. Mit jeder Nominierung ist eine Prämie von 15.000 Euro verbunden. Der Kurzfilmpreis in Gold ist jeweils mit einer Prämie von 30.000 Euro ausgestattet, wobei die Nominierungsprämie auf den Filmpreis in Gold angerechnet wird. Das Preisgeld ist für die Herstellung eines neuen Kurzfilms oder Films mit künstlerischem Rang oder seiner Projektvorbereitung vorgesehen.
Die festliche Gala im Radialsystem V in Berlin wurde in diesem Jahr in Kooperation mit der Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) veranstaltet. Durch den Abend führte die Schauspielerin Inka Friedrich.
Nominiert waren zusätzlich die Kurzfilme:
• "Ein kleiner Augenblick des Glücks" (Spielfilm mit einer Laufzeit von mehr als sieben bis 30 Minuten), Hersteller: Hochschule für Film & Fernsehen “Konrad Wolf“ Potsdam – Babelsberg, (Regie: Thomas Moritz Helm).
• "Grünes Gold" (Spielfilm mit einer Laufzeit von mehr als sieben bis 30 Minuten), Hersteller: Barbara Marheineke in Zusammenarbeit mit Karibufilm GmbH, Kai Künnemann, Köln, (Regie: Barbara Marheineke).
• "Nashorn im Galopp" (Spielfilm mit einer Laufzeit von mehr als sieben bis 30 Minuten), Hersteller: DETAiLFILM Gasmia & Kamm GbR, Hamburg in Koproduktion mit Kamerapferd (Regie: Erik Schmitt).
• "ZIMA" (Spielfilm mit einer Laufzeit von mehr als sieben bis 30 Minuten), Hersteller: Hochschule für Film & Fernsehen “Konrad Wolf“ Potsdam-Babelsberg in Zusammenarbeit mit dem Rundfunk Berlin Brandenburg, Regie: Marcus Heep.
• "Kiran" (Dokumentarfilm), Hersteller: Pelle Film Riedel & Timm GbR, München (Regie: Alexander Riedel und Bettina Timm)
• "Father" (Animationsfilm), Hersteller: Eyecatch Productions, Ludwigsburg in Koproduktion mit Compote Collective und Bonobostudio (Regie: Moritz Mayerhofer, Asparuh Petrov, Rositsa Raleva, Veljko Popović und Dim Yagodin).
• "Sudden Destruction" (Experimentalfilm), Hersteller: Limboland Productions, Bjørn Melhus, Berlin (Regie: Bjørn Melhus).
Als "Deutscher Kurzfilmpreis Kinotournee" gehen alle ausgezeichneten Filme im kommenden Jahr wieder auf eine bundesweite Tournee Informationen dazu unter: www.kurzfilmtournee.de
Anlage zur Pressemitteilung
Begründungen der Jurys Deutscher Kurzfilmpreis
"Short Film"
Ein Mann in der Mitte des Lebens. Er steht vor dem Spiegel und rasiert sich. Was war und was wird kommen? In seinem „Short Film“ zeigt Olaf Held ein Leben im Schnelldurchlauf. Und tritt so mit ganz einfachen Mitteln den überzeugenden Beweis an, dass das Leben viel zu kurz ist für lang(weilig)e Filme.
"Sunny"
HAJO ist 19, hat mal wieder keinen Job aber einen 6 Monate alten Sohn, Sunny. So geht seine Freundin für die Familie arbeiten und er kümmert sich um das Baby. Selbst noch nicht erwachsen, nimmt Hajo seine Verantwortung als Vater ernst. Allerdings fällt es ihm nicht leicht, zwischen allen Erwartungen seine Rolle zu finden. Denn da wo Hajo herkommt, sind Männer keine Hausmänner. Die bewegte, fast nervöse Kamera bleibt stets nah an Hajo dran, zeigt jede Regung, jeden Zweifel, jede Zärtlichkeit. Wenn das Baby schreit, ist er genervt und im nächsten Moment wieder ein ganz liebevoller Vater. Sein Alltag ist ein ständiger Balanceakt, wobei sein Ego mehr unter den eigenen Ansprüchen als am Spott seiner Umwelt leidet. SUNNY ist dicht und intensiv inszeniert, mit einem von Vincent Krüger berührend interpretierten Protagonisten, der allen Unsicherheiten zum Trotz die klare Linie verfolgt, sein eigenes und das Leben seiner jungen Familie gestalten zu wollen.
"SONNTAG 3"
Mit Brieffreundschaften ist das so eine Sache. Bedenkt man die Folgen bei der Auswahl des Empfängers nicht ausreichend, kann man im Gefängnis landen. Gelingt aus dieser Konstellation jedoch ein Kurzfilm wie „Sonntag 3", wird dies nicht mit Freiheitsstrafe sondern Lobpreisung bedacht. Jochen Kuhn ist eine meisterhafte Miniatur gelungen. Ihm ist es geglückt, das Wesen seiner kammerspielartig inszenierten Geschichte und zweier Protagonisten herauszuschälen. Er braucht nicht die bombastische Verpackungsgeste technischer Raffinesse. Minimalistisch ist die Animation. Überhaupt ist Reduktion ein Grundprinzip des Films, wie heute praktizierte Politik auch oftmals Ausdruck von Reduktion ist: Nämlich auf Machterwerb oder Machterhalt. Der lakonische Text offenbart die Absurdität des politischen Tagesgeschäfts in gekonnter Beiläufigkeit verpackt. Überhaupt bilden Sprache, Malerei und Musik eine gleichsam organische Einheit. Kein Wunder, denn hinter allem steht ein und derselbe Künstler: Jochen Kuhn.
"FORST"
Wir sehen einen Wald, der von Fremdkörpern bevölkert ist: Sportler auf Tartanbahnen, Naherholer, Spiderman, nackte Feuerspringer, einen Plenarsaal mit Politikern und und und. Wie ein roter Faden zieht sich eine Tartanbahn durch den Film, überhaupt ist die Farbe Rot wichtiges strukturierendes Element in dieser assoziativen Videocollage. Der Wald – spätestens seit der Romantik beliebter Sehnsuchtsort für stadtmüde Zivilisationskritik – wird gezeigt als durch und durch medialisierter Erlebnispark, die Gegensätze Natur und Kultur geraten gehörig ins Wanken. Die Nahtstellen zwischen einmontierten Bildern werden offengelegt und erinnern in ihrer Rauheit an die Anfangszeiten der Videokunst. Die geniale Mischung aus Trash und Überhöhung, die durchaus auch mal ins Kitschige lappen kann, hat uns im besten Sinne irritiert, zum Lachen gebracht und schlichtweg begeistert. Ganz besonders in Kombination mit der hervorragenden Filmmusik von Max Knoth, die ebenso gekonnt und humorvoll mit filmischen Vorbildern spielt und dabei ein ganz eigene Atmosphäre schafft.
"Reality 2.0"
Ein Flugzeug explodiert beim Landeanflug. Doch es ist nur ein Traum. Zum Glück. Oder doch nicht? Das Vermischen von Realität und Traum, genauer gesagt das Vermischen verschiedener Realitäten zwischen scheinbarer Harmonie in Deutschland und dem Drogenkrieg in Mexiko setzt Victor Orozco virtuos um. Er nutzt eine Bildsprache zwischen Fotorealismus und Malerei. Die Bilder flackern bisweilen wie im guten alten Kintopp. Doch das ist Prinzip. Alltagsbilder, grafisch reizvoll inszeniert, bilden einen verstörenden Kontrast zu den Schilderungen ausufernder Gewalt und dem Wettlauf um deren medienwirksame Inszenierung. Die Verfremdung von rotoscopierten dokumentarischen Aufnahmen, auch bekannt als Animadok, ist die adäquate formale Antwort auf das Thema. Allerdings geht es im mexikanischen Drogenkrieg um mehr als um bloße Gewalt. Es geht vielmehr um Gewaltvoyeurismus, die Faszination, die von Tod und Horror ausgeht, die Allgegenwart des Tötens dank Youtube. Der aktuelle Zusammenhang zwischen realer Gewalt im Alltag und virtueller per Computerspiel oder im Internet erzeugter Surrealität. Im Film heißt es sarkastisch: „In Mexiko werden die Kaninchen zu Ratten. Ästhetik des Horrors."
"Continuity"
Mit beeindruckenden kinematographischen Mitteln und exzellenten Darstellern gelingt es dem Film („Continuity“) das Thema des Kriegsheimkehrers und -opfers auf irritierende Art und Weise zu inszenieren. Der Film („Continuity“) folgt keiner linearen Handlungslogik und zieht uns dennoch erzählerisch in seinen Bann. Mehrdeutig wirft er zahlreiche Fragen auf, die über den Aspekt des Verlusts hinausgehen und ein unheimliches und gleichermaßen erotisches Familienporträt skizzieren.
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